Das Sommerhochwasser an der Oder 1997 muß eindeutig als das größte Oderhochwasser im letzten Jahrhundert angesehen werden. Die Sommerhochwasser 1997 in der Tschechischen Republik, der Republik Polen, Deutschland, Österreich und der Slowakei haben den weltweit größten ökonomischen Schaden unter allen Naturkatastrophen des Jahres 1997 verursacht [1]. Der Einsatz von Menschen, Technik und Material zur Hochwasserbekämpfung war enorm. Allein in Polen wurden im Einzugsgebiet der Oder 106 000 Menschen evakuiert, und 465 000 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche wurden überflutet.
Die Zeit nach dem Hochwasser dient nicht nur der Beseitigung der Schäden, sondern auch der Auswertung des Geschehenen und der besseren Vorbereitung auf das nächste Hochwasser. Hier hat die quantitative Hydrologie einen wichtigen Beitrag zu leisten. Sie beschreibt die Hochwasserentstehung und den Wellenablauf und bewertet das Hochwasser mit statistischen Methoden. Im Ergebnis entstehen Bemessungsgrößen zur Dimensionierung von Retentionsflächen, Speichern, Hochwasserprofilen und Deichhöhen. Da das Hochwasser auch den Feststofftransport und die Gewässergüte stark beeinflussen kann, muß auch die qualitative Hydrologie in die Untersuchung mit einbezogen werden.
Die Arbeitsgruppe „Hochwasser" der Internationalen Kommission zum Schutz der Oder gegen Verunreinigung (IKSO) hat eine internationale Expertengruppe mit der hydrologischen Analyse des Hochwassers beauftragt. Die Analyse der Gewässergüte hat die Arbeitsgruppe „Außerordentliche Verunreinigungen" der IKSO übernommen.
Der vorliegende Bericht basiert auf den Untersuchungen der Länder und gibt einen Überblick über das Hochwasser aus hydrologischer Sicht. Nach der Beschreibung des Einzugsgebietes wird im 3. Abschnitt auf die meteorologischen Ursachen des Hochwassers eingegangen. Der Ablauf des Hochwassers wird getrennt für das tschechische und das polnisch− deutsche Einzugsgebiet beschrieben. Es wird deutlich, daß der schnelle und extreme Wasseranstieg im Gebirge zur Verwüstung ganzer Flußauen führen mußte, und warum sich an der Grenzoder eine so langanhaltend hohe Wasserführung ausbilden konnte. Im 5. Abschnitt wird das Hochwasser mit anderen historischen Hochwassern verglichen und eine Bewertung hinsichtlich der Wasserstände, der Abflüsse und Abflußfüllen vorgenommen. In den nächsten beiden Abschnitten wird auf den Hochwasserdienst, die Hochwasserabwehr und die Hochwasserschäden eingegangen. Die Untersuchungen zum Feststofftransport und der Gewässergüte beschränken sich im wesentlichen auf die deutsch−polnische Grenzoder; es wird aber auch auf die Wasserqualität in Oderberg (Bohumín) und im Oderhaff eingegangen.