Die Oder als einer der größten Ströme Mitteleuropas bestimmt großräumig die Landschaftsstruktur und den Landschaftshaushalt in weiten Teilen Polens, aber auch in Teilen der Tschechischen Republik und Deutschlands. Der Fluß ist Lebensraum für typische Tier- und Pflanzenarten, deren Existenz von der weitgehenden Intaktheit der Strukturen sowie des Wasserhaushalts und der Nutzungen dieses Flußökosystems abhängig ist.
Ein wichtiger Bestandteil der Lebensgemeinschaft der Oder sind die wirbellosen Arten, die die Flußsohle besiedeln (Makrozoobenthos). Diese Kleinlebewesen spielen eine herausragende Rolle im ökologischen Gefüge des Flußökosystems, sei es als Konsumenten des am Flußgrund anfallenden organischen Materials, als Filtrierer oder als Beutetiere für höhere Arten wie Fische. Das Makrozoobenthos fungiert darüber hinaus als hervorragender Bioindikator: Auf der einen Seite gibt das Fehlen bestimmter Arten einen Hinweis auf Defizite hinsichtlich der Wasserqualität oder der Struktur, auf der anderen Seite zeigen Wiederbesiedlung oder Ausbreitung empfindlicher Arten, daß gewisse Anforderungen an den Lebensraum wieder erfüllt sind.
Daneben ist das Makrozoobenthos aber auch eine der fünf biozönotischen Komponenten, die zur Bewertung des ökologischen Zustandesder EG–Wasserrahmenrichtlinie (WRR) herangezogen werden soll. Der innovativster Ansatz diese Richtlinie, deren operatives Ziel in dem Erreichen eines „guten“ ökologischen Zustandes der Obenflächengewässer besteht, ist im Sinne eines Flußgebietsmanagements die räumliche Betrachtung ganzer Flusseinzugsgebiete über politische und administrative Grenzen hinweg.
Der vorliegende Bericht gibt einen Überblick über das Makrozoobenthos der Oder von der Quelle im Odergebirge bis zum Stettiner Haff. Neben einer detaillierten Beschreibung und Bewertung der faunistischen Besiedlung in den verschiedenen Oderabschnitten gibt er Hinweise über neuere Entwicklungen der benthischen Lebensgemeinschaft und macht Vorschläge zur Verbesserung der Struktur des Lebensraumes und der Wasserqualität. Darüber hinaus soll er als Grundlage zur Bewertung des ökologischen Zustands dienen.